Eine Bildungskatastrophe verhindern
Von Nicole Gohlke, bildungs- und wissenschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE
Die Symptome sind deutlich: Neben maroden Schulbauten und schlechten Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen droht nun auch noch ein gigantischer Fachkräftemangel in der Bildung. In nur drei Jahren werden 45.000 Lehrkräfte an Schulen fehlen. Die Folge: massiver Unterrichtsausfall und ein hoher Krankenstand wegen Überarbeitung.
Die Chance, aufs Gymnasium zu gehen, ist für Kinder aus wohlhabenden Akademikerfamilien fast dreimal so hoch wie für Kinder aus Arbeiterfamilien
Zudem schwebt die Verbindung von Herkunft und Wohnort wie ein Damoklesschwert über dem Bildungsweg eines jeden Menschen. Der Unterschied, am Starnberger See oder in Berlin Neukölln zu wohnen, beeinflusst den Bildungsweg enorm – ganz besonders für den Übergang nach der Grundschule. Kinder aus wohlhabenden Akademikerfamilien gehen gegenüber Gleichaltrigen mit niedrigem Sozialstatus mit 79 Prozent fast dreimal so häufig auf ein Gymnasium. Allerdings ist eine Verbindung aus Bildungs-, Sozial-, Arbeitsmarkt- und Familienpolitik notwendig, um diese gesellschaftlichen Mängel zu beseitigen.
Wir müssen das Bildungssystem so umbauen, dass es modern ist, und den Zugang zu guter Bildung für alle gewährleistet. Der Bund sollte dafür mehr Verantwortung übernehmen und das Kooperationsverbot abschaffen, damit er nicht nur über Umwege die Länder und Kommunen bei den Bildungsaufgaben finanziell unterstützen kann. Bildung muss als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen im Grundgesetz verankert werden. Und wir brauchen ein bundesweites Bildungsrahmengesetz, das materielle, personelle und soziale Standards festlegt und für bessere Vergleichbarkeit sorgt. Die Finanzierung der Bildung muss gerecht werden. Aktuell werden Gelder abhängig vom Steueraufkommen und der Bevölkerungszahl pauschal auf die einzelnen Länder verteilt. Am wirklichen Bedarf geht das vorbei. Ein Sozialindex wäre stattdessen ein Weg, um die Mittel des Bundes bedarfsgerecht zu verteilen.
Wir brauchen eine bundesweite Ausbildungsoffensive für mehr Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher, multiprofessionelle Teams an allen Schulen sowie ein tragfähiges Unterstützungssystem aus Schulpsychologie und Jugendhilfe. Und: Wir sollten eine neue Debatte um die Gemeinschaftsschule führen.