Liebe Leserinnen und Leser,
ein politisch turbulentes Jahr geht zu Ende. Nach Verlusten bei den EU-Wahlen und den Landtagswahlen in Brandenburg sowie Sachsen ist es Bodo Ramelow in Thüringen gelungen, mit einem Rekordergebnis von 31 Prozent einen historischen Wahlerfolg für DIE LINKE zu erzielen und damit erstmals stärkste Kraft zu werden. Neben der ersten Beteiligung der LINKEN an einer westdeutschen Landesregierung in Bremen macht das Mut für die kommenden Jahre. Eine Partei mit antirassistischen, humanistischen und friedenspolitischen Überzeugungen ist dann erfolgreich, wenn sie konkrete Angebote für Verbesserungen im Alltag macht und Verantwortung übernimmt.
Solidarität ist im Aufwind: Immer mehr Menschen haben genug von Privatisierungen und vom schlanken Staat, sind wütend über Ungerechtigkeit bei uns im Land und im globalen Kontext, lehnen die irrationale Eskalation zwischen NATO und Russland ab und machen sich Sorgen über die Welt, die wir kommenden Generationen hinterlassen. Eine linke Politik der sozialen Wende ist gefragt wie lange nicht.
Sie ist auch Alternative zur derzeitigen Koalition, die sich nach wie vor in einem Zustand bislang ungekannter politischer Instabilität befindet, während eine Vielzahl drängender gesellschaftlicher Probleme ungeklärt ist. Eine Studie nach der anderen belegt das Auseinanderdriften der Gesellschaft: Sehr wenige häufen immer mehr Reichtum an, sehr viele werden immer ärmer. Fünfzehn Jahre nach ihrem Inkrafttreten werden nicht nur die sozialen Verheerungen der Hartz-IV-Regelungen immer deutlicher.
Mittlerweile ist es amtlich, dass Teile der Regelungen gegen die Menschenwürde verstoßen und verfassungswidrig sind. Und dreißig Jahre nach dem Fall der Mauer werden wir zum dreißigsten Mal daran erinnert, dass die aktuelle Bundesregierung bei der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost und West, in Städten und ländlichen Regionen versagt hat.
Statt sich in drängenden Sachfragen rasch auf Kompromisse zu einigen und damit Millionen Menschen im Land ein besseres Leben zu ermöglichen, beschäftigen sich CDU/CSU und SPD seit mehr als zwei Jahren mit sich selbst und suchen nach ihrer Identität. Der bizarre Höhepunkt war der endlose Streit um die Grundrente – ein unwürdiges Hickhack um die Lösung des Problems, dass Rentnerinnen und Rentner trotz 35 Jahren Erwerbsarbeit keine Rente bekommen, die zum Leben reicht. Eine Bundesregierung, die derart halbherzig Themen wie Altersarmut und soziale Gleichstellung anpackt, kann niemand brauchen. Sie gehört so schnell wie nur möglich abgewählt.
Die Linksfraktion als soziale Stimme im Bundestag wird zukünftig von einem neuen Team geführt. Unserer neuen Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch wünsche ich dabei viel Erfolg. Sahra Wagenknecht danke ich für ihre wirkungsvolle Arbeit in den letzten Jahren und dafür, dass sie auch nach ihrem Verzicht auf den Fraktionsvorsitz eine wahrnehmbare Stimme der LINKEN bleiben wird.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!
Jan Korte ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag